Im ungarischen Familienrecht ist die Ehe ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau. Dies folgt aus Art. L und Art. 15 der ungarischen Verfassung sowie § 4.1 Ptk. Gleichgeschlechtliche Ehen kennt das ungarische Recht folglich nicht. Gleichgeschlechtliche Paare können eine eingetragene Lebenspartnerschaft miteinander eingehen. Diese ist nicht im Bürgerlichen Gesetzbuch, sondern im Lebenspartnerschaftsgesetz geregelt.
Familienrecht Ungarn – ungarisches Familienrecht
Das ungarische Familienrecht enthält einige Regelungen, die sich nicht mit dem deutschen Familienrecht decken.
Daniela Dreßler hat ungarische Wurzeln, verfügt über ungarische Sprachkenntnisse und hat in Budapest gelebt. Dank einer Mitarbeit in der Rechtsabteilung der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer (DUIHK) ist Frau Dreßler in Ungarn sehr gut vernetzt.
Unsere Beratungsleistungen - Familienrecht Ungarn:
- Scheidungen mit ungarischem Bezug sowie Folgefragen, etwa das Güterrecht betreffend
- Ungarische und deutsch-ungarische Eheverträge
- Unterhaltsfragen mit Bezug zu Ungarn, auch Kindesunterhalt
- Fragen zum Sorgerecht und Umgangsrecht mit ungarischen Bezügen
- Namensrechtliche Fragen, insbesondere zur Anerkennung ungarischer Namen in Deutschland
Familienrecht Ungarn im Überblick
Das ungarische Recht ist im Jahre 2014 umfassend reformiert worden. Während vor der Reform das Familienrecht und das allgemeine Zivilrecht getrennt geregelt waren, ist das ungarische Familienrecht mit der Reform in das ungarische Bürgerliche Gesetzbuch (polgari törvénykönyv, kurz: Ptk.) integriert worden.
Die Ehe im ungarischen Recht
Ehefähigkeit und Eheschließungsvoraussetzungen
Für eine Eheschließung in Ungarn muss mindestens einer der Eheschließenden volljährig und der andere mindestens 16 Jahre alt sein. Volljährigkeit tritt in Ungarn mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Ist einer der Eheschließenden minderjährig, bedarf es der Genehmigung der Vormundschaftsbehörde.
Eheschließung – Heirat in Ungarn
Die Ehe wird in Ungarn im Beisein zweier volljähriger und voll geschäftsfähigen Zeugen vor dem Standesbeamten geschlossen. Eine kirchliche Eheschließung bleibt ohne familienrechtliche Folgen.
Ungarisches Namensrecht
Ungarisches Namensrecht weist im europäischen Rechtsvergleich einige Alleinstellungsmerkmale auf. Anders als etwa in den meisten Rechtsordnungen üblich, wird im ungarischen Recht der Nachname vorangestellt. „Max Mustermann“ wäre im Ungarischen demnach „Mustermann Max“. Zudem enthält das ungarische Namensrecht zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten bei der Namenswahl, die sogar den Vornamen betreffen.
Ungarisches Güterrecht
Der gesetzliche Güterstand im ungarischen Recht ist die Errungenschaftsgemeinschaft, das im ungarischen Recht als „eheliche Vermögensgemeinschaft“ bezeichnet wird („házastársi vagyonközösség“, § 4:34 Abs. 2 Ptk). In diesem Güterstand wird Vermögen, das während der Ehe erwirtschaftet wird, gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten. Eigentum, das die Ehegatten während der Ehe erwerben, insbesondere Immobilien, wird gemeinschaftliches Eigentum.
Ehevertrag Ungarn
Ehevertrag mit ungarischen Bezügen – Eheverträge nach ungarischem Recht
Den Ehegatten steht es nach ungarischem Recht frei, Eheverträge zu schließen (§§ 4:34 Abs. 1, 4:63 Abs. 2 Ptk.).
Eheverträge können etwa geschlossen werden, um den gesetzlichen Güterstand abzubedingen und einen anderen Güterstand zu wählen (siehe dazu à Ungarisches Güterrecht). So können die Ehegatten statt der Errungenschaftsgemeinschaft, bei der gemeinsames Vermögen geschaffen wird, die Zugewinngemeinschaft oder die Gütertrennung wählen. Auch andere vertragliche Modifizierungen sind möglich, soweit sie nicht gegen zwingendes geltendes Recht verstoßen (§ 4:63 Abs. 2 Ptk.).
Unterhalt nach ungarischem Recht
Das ungarische Recht kennt sowohl Unterhaltsansprüche zwischen Ehegatten als auch Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten.
Ehegattenunterhalt
Während der Ehe sind beide Ehegatten verpflichtet, für die Kosten des gemeinsamen Haushalts zu tragen.
Sorgerecht, Umgangsrecht Ungarn
Den Eltern steht die elterliche Sorge nach ungarischem Recht grundsätzlich gemeinsam zu (§ 4:164 Abs. 1 Ptk.).
Das Recht der elterlichen Sorge umfasst das Recht und die Pflicht, den Namen, die Fürsorge, die Erziehung, die Bestimmung des Wohnortes, die Verwaltung des Eigentums, die rechtliche Vertretung eines minderjährigen Kindes, das Recht auf den Namen eines Vormunds und den Ausschluss von der Vormundschaft zu bestimmen.
Scheidung in Ungarn
Nach ungarischem Recht wird die Ehe aufgelöst durch Tod, Scheidung, oder gerichtliche Feststellung der Ungültigkeit der Ehe.
Der Scheidungsantrag kann von einem oder beiden Ehegatten gestellt werden. Die Ehe kann nur durch ein Gericht geschieden werden (§ 4:21 Abs. 1 S. 1 Ptk.). Privatscheidungen, wie sie seit jüngerer Vergangenheit einige europäische Rechtsordnungen eingeführt haben, sieht das ungarische Recht nicht vor.
ungarische Staatsangehörigkeit
Das ungarische Staatsangehörigkeitsrecht basiert auf dem ius sanguinis, also dem Abstammungsprinzip. Kinder von ungarischen Staatsangehörigen haben qua Geburt – unabhängig vom Geburtsort – die ungarische Staatsbürgerschaft, wenn ein Elternteil ungarische*r Staatsangehörige*r ist. Die Adoption durch ungarische Staatsangehörige hat nicht automatisch den Erwerb der ungarischen Staatsangehörigkeit zur Folge, allerdings ist ein vereinfachtes Einbürgerungsverfahren möglich. Selbiges gilt für in Ungarn geborene Kinder, deren Eltern keine ungarische Staatsangehörigkeit haben.
Eingetragene Lebenspartnerschaft
Das XXIX Gesetz (2009. évi XXIX. törvény a bejegyzett élettársi kapcsolatról) eröffnet gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit, eine Lebenspartnerschaft zu begründen. Eine Ehe schließen können gleichgeschlechtliche Paare nicht. Die Ehe ist in der ungarischen Verfassung als Institut zwischen Mann und Frau vorgeschrieben.
Für die Eintragung einer Lebenspartnerschaft müssen die Nutpruient*innen das 18. Lebensjahr vollendet haben und persönlich vor einem*r Standesbeamten*in in Anwesenheit zweier volljähriger und voll geschäftsfähigen Zeugen (und ggf. eines*r Dolmetschers*in) erklären, die eingetragene Lebenspartnerschaft begründen zu wollen. Voraussetzung ist ferner, dass nicht bereits eine Ehe oder Lebenspartnerschaft besteht.
Nichteheliche Lebensgemeinschaft
Im ungarischen Recht sind – anders als im deutschen Recht – nichteheliche Lebensgemeinschaften gesetzlich kodifiziert. Seit 2010 können heterosexuelle Paare, die gemäß § 6 : 514 Ptk. in einem gemeinsamen Haushalt leben und die eine wirtschaftliche und emotionale Gemeinschaft bilden, eine eheähnliche Gemeinschaft eintragen lassen. Die Eintragung erfolgt vor einem*r Notar*in oder dem Standesamt.
Ausgeschlossen sind Eintragungen von Verwandten in gerader Linie und Geschwistern sowie von Personen, die noch eine andere Beziehung führen.
Adoption in Ungarn
Ungarn erlaubt nur die Adoption Minderjähriger. Eine Volljährigenadoption ist im ungarischen Recht nicht vorgesehen.
Das ungarische Familienrecht kennt sowohl die offene (leibliche Eltern und Adoptiveltern sind sich bekannt) und die geheime (keine Kenntnis der leiblichen Eltern von den Adoptiveltern) Adoption. Die Adoption in Ungarn setzt die Einwilligung der leiblichen Eltern voraus. Sowohl bei der offenen als auch bei der geheimen Adoption steht den leiblichen Eltern grundsätzlich ein Widerrufsrecht innerhalb von sechs Wochen nach der Geburt zu. Minderjährige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, müssen ebenfalls der Adoption zustimmen.